Florian Schwamborn

Florian Schwamborn vertritt die Stadt Saarbrücken. Er wurde nominiert, um sein Werk "Spiegelung" zu präsentieren.

Florian Schwamborn mischt Klang und visuelle Darstellung mit elektronischer Transformation

Florian Schwamborn (*1984) ist ein deutsch-französischer Pianist und Komponist. Er wuchs in Saarbrücken zwischen beiden Kulturen auf und fand früh in der Musik eine Erweiterung seiner Sprachen. Nach dem Abitur studierte er zunächst Philosophie und Musikwissenschaften an der Universität des Saarlandes. Noch während des Studiums begann er eine professionelle Tätigkeit als Bühnenkomponist und wirkte mehrfach mit dem Theater Überzwerg in Saarbrücken zusammen. So entstanden seine ersten akustischen wie elektroakustischen Kompositionen. In der freien, Jazz- und Improvisationsszene als Pianist tätig, entwickelte er zahlreiche Projekte, etwa die Zusammenarbeit mit der Cinemathèque du Luxembourg. Zudem studierte er klassisches Klavier an der Hochschule für Musik Saar bei Prof. Jean Micault und besuchte auf Einladung Theo Brandmüllers für mehrere Semester die Kompositionsklasse der Hochschule. Die Olivier Messiaen Analysen Brandmüllers sowie der Besuch des Festivals Musica in Straßburg, wo er in Gegenwart des Komponisten K.H. Stockhausens der Aufführung Donnerstags aus Licht beiwohnte, prägten ihn nachhaltig. Im Anschluss daran führte er seine Tätigkeiten und sein Studium in Paris fort. Dort unterwarf er sich den strengen Regeln der traditionellen Musiklehre. Durch die Aufnahme in die Improvisationsklasse Prof. Thierry Vaillants folgte eine Anstellung als Korrepetitor in den Conservatoires de Paris, der er bis 2014 nachging.

Bei Ankunft in Paris folgten auch Aufträge für Bühnenmusiken. Nach ersten Erfolgen unter anderem im Festival Off d'Avignon gründete er im Jahr 2012 die Produktionsplattform Europ'Arts, mit welcher er in Zusammenarbeit mit weiteren Künstlern, unter anderem eine erste Kammeroper mit dem Schweizer Duo Ums n' Jip, sowie eine erste Tanzperformanz Fiction mit der koreanischen Tänzerin Eleonor Hahn in Paris uraufführte. Zur gleichen Zeit begann die bis heute anhaltende Zusammenarbeit mit seinem Bruder und Licht-Künstler Francois Schwamborn (HBK Saarbrücken). Zusammen gestalten sie seither originale Lichtspiele. Durch die Mouvement-Konzertreihe für neue Musik der Großregion konnte er zum ersten Mal seiner seit jeher angestrebten Haupttätigkeit des Komponierens neuer Musik nachgehen. Nach ersten Uraufführungen seiner Klangstudien für Saarbrücker Ensembles folgte ein Auftrag der Deutschen Radio Philharmonie für ein  Orchesterwerk mit live Elektronik Neopolis, welches im April 2018 im Großen Sendesaal des Saarländischen Rundfunks unter der Leitung Titus Engels und in Zusammenarbeit mit Gary Berger und dem E-studio der Hfm Saar uraufgeführt wurde.

Von 2015 bis 2018 lebte er auf der Insel Tahiti in Französisch Polynesien und wirkte dort am Aufbau einer Musikschule mit. Dort schuf er mit der lokalen Produktionsfirma Oceania Film seine erste Dokumentarfilmmusik für France Television. Zurzeit arbeitet er mit dem Festival Evimus zusammen mit François Schwamborn in Saarbrücken an dem Forschungsprojekt Essentia, dessen Ziel die Weiterentwicklung eines innovativen, digitalen Instrumentes ist. Mit der philosophischen Fragestellung, wie und ob die Künstliche Intelligenz und die Musik-Visuelle-Darstellungs-Kunst durch wechselhafter Bereicherung eine neue poetische Kunstform erschaffen können.

Spiegelung (2018)

Florian Schwamborn (Komposition, Klavier und Live-Elektronik)
François Schwamborn (Visuals)
Dauer: 25'

Im Werk Spiegelung für Klavier, Live-Elektronik und visueller Kunst entsteht ein Spiel von Klang, visueller Darstellung, sowie von elektronischer Transformation und visueller Interpretation seines Abbildes.

Die Performance besteht aus einer dreiteiligen Form: Im ersten Teil erklingt nur das Klavier. Im zweiten öffnet sich der Raum für ein Zusammenspiel zwischen Klavier und den vom Instrument Essentia überarbeiteten Klängen sowie deren visueller Übersetzung. Im dritten und letzten Teil löst sich der Interpret im virtuellen Raum auf und das digitale Instrument gibt, solistisch und einer Spiegelung gleich, das im ersten Teil Aufgenommene wieder. Anlehnend an das Prinzip der Durchführung wird der Klavierklang digital transformiert und es entsteht so der imaginäre Dialog zwischen Mensch und Maschine.

Das Forschungsprojekt Essentia hat als Ziel die Entwicklung eines innovativen, digitalen Instrumentes, mit der philosophischen Fragestellung, wie und ob die Künstliche Intelligenz und die Musik-Visuelle-Darstellungs-Kunst durch wechselhafter Bereicherung eine neue poetische Kunstform erschaffen können. Der Kernansatz liegt in der Wechselbeziehung zwischen der Musiksprache und dessen Umsetzung in algorithmische Formeln. Neue Formen, Dynamiken und Satzbildungen erschließen sich durch die Bereicherung der digitalen Möglichkeiten und es entsteht ein neues Denken des Musikprozesses sowie der algorithmischen Formulierung.

Das Instrument Essentia kam bereits bei der Uraufführung des Orchesterwerkes Neopolis zum Einsatz und setzte in dieser Anwendung die Erweiterung eines Klangkörpers durch psychoakustische Mittel und die elektroakustische Hybridisierung der Ästhetik in den Mittelpunkt. Der Weiterführung dieses Projektes liegt die Poesie eines imaginierten Dialoges zwischen menschlicher und automatisierter Kreativität zu Grunde, der das Prinzip der Übersetzung durch die symbiotische Verflechtung der drei Sparten (Musik- /visuelle Kunst und Programmierung) in den Mittelpunkt setzt.

Auf der Suche nach der Erfassung und Umsetzung eines organischen Ausdruckes, der sich dem Verhalten natürlicher Muster annähert, liegt die Grundidee des Forschungsprojektes Essentias darin, die Vielfältigkeit einer Emotion zu abstrahieren, zu erfassen und die Möglichkeiten maschineller sensitiver Kommunikation zu erforschen. In einem Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine, dessen Essenz sich aus der Analyse, Übersetzung und Verarbeitung konkreter Verhaltensmuster ergibt, wird das Prinzip des Dialogs abstrahiert und auf drei Grundmechanismen, die den Austausch gestalten, reduziert:

  1. Aufnahme / Input / Zuhören / Wahrnehmung
  2. Verarbeitung / Training / Lernen / Denken
  3. Wiedergabe / Output / Erzählen / Darstellung

27.04.2018 – Première de Neopolis. Dirigée par Titus Engel, commandée et réalisée par l'orchestre de la Deutsche Radio Philarmonie - musique instrumentale